Es erschien mir immer als ein großes Vorrecht, in einem 3-Generationen-Haushalt aufgewachsen sein zu dürfen, in dem sowohl Großeltern wie auch Eltern Christen aus und mit Überzeugung waren, die sich auch in der sehr lebendigen (Chrischona-)Gemeinde am Ort engagierten. Durch sie lernte ich das Wort Gottes durch Beten, Erzählen und durch Vorlesen der Kinderbibel kennen. Die Gemeinde, die mir als 3 -4-Jährigem in den Abendgottesdiensten zunächst alles an Geduld abverlangte, wurde mir bald durch Sonntagschulbesuch, biblischen Unterricht und später den EC-Jugendkreis sehr lieb. Als Teenager wurde mir jedoch bei einer Zeltevangelisation klar, dass ein fröhliches Mitmachen allein fürs Christsein nicht ausreicht. Ich muss es Jesus irgendwann auch sagen, dass Er mein Leben haben soll, und das auch durchaus öffentlich. So bekehrte ich mich ganz entschlossen als 14-Jähriger, jedoch, wie ich bald merkte, nicht so ganz und gar. Ein Zeugnis meines (älteren) Bruders brachte mich 2 Jahre später zu der Einsicht, dass es mir an Liebe zu und Hingabe an Jesus doch sehr fehlte. Der Tag im März ´68, an dem ich dies mit meinem Herrn klären konnte, ist für mich mein 2. Geburtstag geworden.
Zu verbindlicher Gemeindezugehörigkeit wurden wir in der Jugendarbeit immer wieder ermuntert, und so konnte ich in diesem Umfeld einige Gaben entwickeln, ob durch die Chöre, die Mitarbeit im Jugendkreis, evangelistische Einsätze – vor allem durch das regelmäßige Lernen in „Versammlungen“, Bibelstunden, Bibelwochen und Freizeiten. Mein Ingenieursstudium und die spätere Tätigkeit in einem multinationalen Unternehmen, zunächst im Entwicklungsbereich, später im Projektmanagement und nebenbei im Betriebsrat haben mir ebenfalls viel Horizont-Erweiterung beschert.
Sehr dankbar bin ich dabei immer wieder für die Art des Denkens, die ich als Ingenieur einüben musste: Nämlich zu lernen, wie man Realität und theoretisches Wissen exakt zu verbinden hat, damit ein brauchbares Ergebnis entsteht – und die Tatsache, dass man auch falsch liegen kann und seine Theorie nochmal überdenken muss. Dies Training half mir oft, pseudowissenschaftliche Ideen und Weltanschauungen – etwa den allgegenwärtigen Evolutionsglauben – als solche zu erkennen und dagegen die immer tragfähige, fundamentale Wahrheit der Bibel zu erleben.
Gottes Kraft und außerordentlich viel von Seiner Gnade habe ich erlebt in meiner Ehe, der Erziehung einer größeren Kinderschar, und besonders auch im Aufbau und der langjährigen Leitung einer Freien evangelischen Gemeinde, in der ich bis heute gern in verschiedenen Diensten tätig bin – vor allem im Lehren und Anwenden des Gotteswortes, das ich immer wieder als großartig, tragfähig, elegant zusammenhängend und überraschend neu erlebe.
Reinhard Seiler, im November 2018